Newsletter 03/2010

Sehr geehrte Damen und Herren,

zum Abschluss des Jahres 2010 erlauben wir uns Ihnen in gewohnter Form einige in den letzten Monaten beachtenswerte Entscheidungen mitzuteilen sowie darauf zu verweisen, dass – wie jedes Jahr – zum Ende des Jahres die Verjährung von Forderungen einsetzt.

1. Verjährung von Forderungen aus dem Jahre 2007

Wir machen ausdrücklich darauf aufmerksam, dass Forderungen aus dem Jahre 2007 in diesem Jahr verjähren. Soweit die Absicht besteht, diese Forderungen noch gerichtlich geltend zu machen, erlauben wir uns, darauf hinzuweisen, dass zwischen den Jahren es äußerst schwierig ist, Mahnbescheide bei Gericht einzureichen. Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass in der letzten Woche des Dezembers bei dem zuständigen Mahngericht in Aschersleben keine Garantie mehr dafür übernommen wird, dass die Mahnbescheide rechtzeitig zugestellt werden. Insoweit sollte kurzfristig der Angelegenheit Beachtung geschenkt werden. Im Übrigen haben sich wiederum in den letzten Monaten einige interessante Entscheidungen ergeben, die wir Ihnen gerne nachfolgend erläutern möchten:

2. Vergabe, fehlerhafte TED-Einträge

Bei all denjenigen, die sich an öffentlichen Ausschreibungen beteiligen, kommt es häufiger vor, dass die Ausschreibungsregister auf entsprechende Suchanfragen überprüft werden. Hierbei hat sich gezeigt, dass eine Fehlerquelle bislang in der höchstrichterlichen Rechtssprechung überhaupt noch nicht thematisiert worden ist. Die öffentlichen Auftraggeber müssen zwingend bei europaweiten Ausschreibungen das Ausschreibungsregister der Europäischen Union „TED“ nutzen. Hierbei sind für die verschiedenen Ausschreibungen sogenannte CPV-Codes zu verwenden. Da diese zumeist sehr schwierig zu verstehen sind, kommt es häufig vor, dass diese falsch angewandt werden. Damit besteht die Gefahr, dass potentielle Bieter keine Kenntnis von dem Vergabeverfahren erlangen. Durch den Bürgerbeauftragten der Europäischen Union ist dies ausdrücklich gerügt worden. Er äußert sich dahingehend, dass es besonders wichtig ist, den CPV-Code so akkurat und präzise wie möglich zu fassen, damit der Interessent auch in der Lage ist, die entsprechenden Codes zu finden. Hier bietet sich durchaus die Möglichkeit an, eventuelle Ausschreibungen auch noch verspätet zu rügen.

3. OLG Nürnberg, Urteil vom 23.09.2010 – 13 U 194/08 => anerkannte Regeln der Technik zum Abnahmezeitpunkt maßgeblich

Das OLG Nürnberg hat darauf verwiesen, dass die anerkannten Regeln der Technik zum Zeitpunkt der Abnahme den vertraglichen Mindeststandard darstellen. Dies ist äußert problematisch, wenn Abnahmen verzögert werden, weil tatsächlich Mängel vorliegen oder das Bauvorhaben sich über längere Zeit erstreckt. Ändern sich die anerkannten Regeln der Technik im Laufe des Bauvorhabens und wird das Bauvorhaben nach den veralteten Regeln der Technik fertig gestellt, ist es mangelhaft. Daher ist zu empfehlen, dass bereits in den vertraglichen Vereinbarungen abweichende Beschaffenheitsvereinbarungen getroffen werden. So wäre durchaus denkbar, die anerkannten Regeln der Technik zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorzusehen. Dies müsse jedoch ausdrücklich vereinbart werden. Sollte der Auftraggeber in Folge ein entsprechendes erweitertes Interesse haben, könnte es sich um einen vergütungspflichtigen Nachtrag handeln.

4. OLG Hamm, Urteil vom 18.09.2008 – 24 U 48/07 => Mangel trotz Ausführung der vereinbarten Leistungen

Das OLG Hamm hatte einen Fall zu beurteilen, in dem letztlich die Leistung so ausgeführt worden ist, wie diese vereinbart wurde. Gleichwohl stellte sich heraus, dass die Leistung nicht mit anderen Leistungen der Vorgewerke harmonierte und damit mangelhaft war. Das OLG kommt zu dem Schluss, dass den Werkunternehmer grundsätzlich eine originäre Pflicht trifft, sich nach der Anlieferung durch Überprüfung der vom Besteller angelieferten Sache zu vergewissern, dass diese zur Herstellung eines mangelfreien Werkes geeignet ist. Lässt sich die Eignung nicht hinreichend feststellen, hat der Unternehmer dem Besteller unverzüglich zu unterrichten. Damit ist deutlich gemacht worden, dass der funktionale Mangelbegriff eine umfassende Bedeutung erlangt hat. Sind die für die Erfüllung der vereinbarten Funktion erforderlichen Leistungen nicht beauftragt, ist das Werk mangelhaft. Insoweit muss der Auftragnehmer auch auf die Unvollständigkeit der Leistungsbeschreibung hinweisen, um letztlich seiner Mangelhaftung zu entgehen.

5. OLG Celle, Urteil vom 18.03.20^0 – 6 U 108/09 => Vorabnahme

Das OLG Celle hat wiederum einmal einen Fall zu beurteilen, der im täglichen Ablauf durchaus häufig vorkommt. Es erfolgte ein Wassereinbruch vor Abnahme des Werkes. Das Werk des Trockenbauers wurde hierbei zerstört. Der Trockenbauer nahm nunmehr den Auftraggeber in Anspruch, da er den Trockenbau komplett austauschen musste. Die Klage hatte keinen Erfolg. Grundsätzlich verbleibt das Gefahrtragungsrisiko beim Unternehmer, solange noch keine Abnahme erfolgt ist. Wenn andere Unternehmer einen Schaden verursachen, hilft dies dem Unternehmer selbst nicht. Die Nebenunternehmer sind nicht Erfüllungsgehilfen des Bestellers im Verhältnis zum Unternehmer. Aufgrund dessen ist zu empfehlen, unverzüglich sich um eine Abnahme zu bemühen oder in den Verträge Teilabnahmen zu vereinbaren. Der häufig praktizierte Gedanke, die Mangelbeseitigung eventueller Schäden vor der Abnahme stelle einen Nachtrag dar, ist grundsätzlich falsch. Es ist deshalb notwendig, das eigene Werk zu sichern und – falls dies nicht möglich ist – vertragliche Vereinbarungen mit dem Auftraggeber zu finden, die derartige Fälle regeln. Eine praktikable Möglichkeit sind Teilabnahmen, da dann das Gefahrtragungsrisiko auf den Besteller übergeht.

6. OLG Naumburg, Urteil vom 21.5.2010 – 10 U 60/08 => Verkürzung von Verjährungsfristen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen

In Allgemeinen Geschäftsbedingungen findet sich regelmäßig eine Verkürzung der Gewährleistungsfristen auf 12 Monate. Dieses betrifft zumeist Händler und Hersteller von Baumaterialien. Besondere Bedeutung erlangt diese Verkürzung der Gewährleistungsfristen damit im Bereich des Bauwesens. So ist in § 438 Abs. 2 BGB bestimmt, dass für den Fall des Verkaufs von für gewöhnlich für ein Bauwerk bestimmten Baumaterialien die Verjährung von fünf Jahren mit der Lieferung und nicht mit dem Einbau der Sache beginnt. Damit geht das BGB von einer Verjährung von fünf Jahren für Baumaterialien aus. Unter Baumaterialien versteht man sämtliche Materialien, die für den Bau bestimmt sind wie beispielsweise Baubeschläge, Fenster, Fertigteildecken und der gleichen. In vielen Verkaufsbedingungen findet sich eine Reduzierung der Gewährleistungsfristen auf 12 Monate. Das Oberlandesgericht Naumburg hatte nunmehr im Rahmen einer wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklage darüber zu befinden, ob im unternehmerischen Verkehr eine derartige Reduzierung zulässig ist. Das Oberlandesgericht kann zu dem Schluss, dass eine solche Reduzierung unzulässig ist und gab der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs recht. Die Folgen die sich aus diesem Urteil ergeben sind weitreichend. Zuverlässig kann damit keine Prognose mehr abgegeben werden, ob eine solche Reduzierung tatsächlich auch in Zukunft noch zulässig in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgenommen werden kann. Bedeutung erlangt dieses Urteil auch im Hinblick auf die VOB/B, die in § 13 VOB/B ebenso eine Reduzierung auf 4, 2 und teilweise sogar nur 1 Jahr vornimmt. Ob der Bundesgerichtshof später einmal diese Entscheidung aufgreifen wird, ist noch gänzlich unklar, da die Entscheidung keine Zulassung der Revision enthielt. Wir hoffen, dass wir Ihnen mit dem kleinen Auszug der zuvor dargestellten Entscheidungen etwas Hilfestellung für Ihre tägliche Arbeit geben konnten. Wir, die Rechtsanwälte und Mitarbeiter der Kanzlei Valerius & Partner wünschen Ihnen für die bevorstehenden Weihnachtsfeiertage ein geruhsames Weihnachtsfest sowie einen Guten Rutsch und freuen uns auf eine weiterhin angenehme Geschäftsbeziehung im Jahre 2011.

Mit freundlichen Grüßen

Wulf Ernst Stabreit

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Verwaltungsrecht

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